WG212 – Briefentwurf an Alma Mahler
Berlin, Mittwoch, 4. oder Donnerstag, 5. Oktober 1911
Tausend Liebesworte
\Könnte – / Dürfte ich Dir nur
erst mein ganzes
Herz wiederschenken
öffnen, tausend
Liebesworte \Liebestaten/ warten
auf Dich, Du wun-
dervoller Mensch Du
Unsagbar freue ich
mich, Dich zu sehn –
ein paar liebe –
stille Tage \gegenseitigen Verstehens/ und
für eine Weile ist \wäre/
das Leben wieder
leicht und heiter. \Diese Zeit ist schwer – auch für mich/. Ach,
Lieb \und darum bitte ich Dich zu/ verzeih\en/, wenn
heute \manches mal/ mein Herz
überbrandete vor Unge-
duld Ich hoffe weiter: Es
kann uns nichts geschehen
Ich bleibe Dir, Du geliebtes
Weib \Frau/ – es kann nicht
anders werden; heute
nach 1 ½ Jahren empfinde
mit der gleichen
Mein Leben ist an
Dich gekettet – ich
gehöre Dir. Du bist
noch nicht \in Deinem Innern/ frei, aber
\aber ich warte \zuversichtlich/, bis der
Tag erscheint, an dem
wir ohne Reue – mit
Sicherheit und Ruhe –
uns lächelnd und für
immer in die Arme
sinken./
Orientalen usw. Siehst
Du, dieses Empfinden
im wesentlichen habe
ich auch – warum kann
ich noch immer nicht solche
Dinge zu Deiner Unter-
haltung.
Sei stolz auf diese \die/
9 Jahre Ehe, es ist Dein
Werk mit, das da entstand.
Noch lange durch die Nacht
gewandert alle Fenster d Seele
aufgesperrt und diese göttliche
\Nacht Natur/ Umgebung \bis/ in mich einströmen
lassen. Unendliche Sehnsucht
nach d Welt und nach
Dir packte nach einer
besseren Zukunft
Wie öde wäre mein Leben
ohne Dich
Ich wünsche Dir, Du
könntest Dich auf dieses
Zusammensein ebenso stark
freuen wie ich. Verstehe das
wie es gemeint ist!
Du wirst verstehen,
daß der Aufenthalt im
Hause Moll mich et-
was unfrei macht
und das täte \tut/ mir
leid um Deinetwillen
Apparat
Überlieferung
, , , , , , , .
Quellenbeschreibung
4 Bl. (4 b. S.) – Notizblock.
Druck
Erstveröffentlichung.
Korrespondenzstellen
Antwort auf AM115 vom 3. Oktober 1911 (darum dachte ich, ob nicht erst z. B. Wien – das Richtige wäre […]. Also denk’ nach und lass uns einmal eine ruhige friedliche Zeit zusammen haben): Unsagbar freue ich mich, Dich zu sehn – ein paar liebe – stille Tage \gegenseitigen Verstehens/ […] Du wirst verstehen, daß der Aufenthalt im Hause Moll mich […] unfrei macht.
Datierung
Wie die Korrespondenzstelle belegt, ist dieser Entwurf als Reaktion auf AM115 entstanden, der am 3. Oktober 1911 als Einschreiben von Wien nach Timmendorfer Strand und (wahrscheinlich dort zusätzlich per Eilboten, s. Umschlag von AM115) weiter ins sehr nahe gelegene Kurhotel in Timmendorfer Strand zu WG versandt wurde. Da die Expresszustellung erst in Timmendorfer Strand hinzukam, kann für das Einschreiben von einer Postlaufzeit von ein bis zwei Tagen zwischen Wien und Timmendorfer Strand ausgegangen werden. Dadurch ergibt sich als Datierung der 4. oder 5. Oktober 1911.
Übertragung/Mitarbeit
(Elisabeth Behnle)